Diana Jungmann
„Integration mit Herz und Verstand“ – Diana Jungmann über ihre Rolle als Patin der türkischen Pflegekräfte
Seit 2023 begleitet Diana Jungmann, Fach-Intensivkrankenpflegerin und Praxisanleiterin an der Universitätsklinik für Herz- und Thoraxchirurgie, türkische Pflegekräfte an der Universitätsmedizin Magdeburg. Im Interview spricht sie über die Herausforderungen und Erfolge des Anerkennungsprozesses und erzählt, was es bedeutet, neue Teammitglieder nicht nur fachlich, sondern auch menschlich zu unterstützen.
Seit wann sind Sie an der UMMD und was umfasst Ihre Arbeit?
Ich bin seit 30 Jahren an der UMMD. Nach meinem Abitur 1994 habe ich eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester durchlaufen und anschließend auf der herzchirurgischen Intensivstation gearbeitet. Zwischen 2003 und 2005 habe ich eine Fachweiterbildung in Anästhesie und Intensivpflege absolviert und 2023 die Qualifikation zur Praxisanleiterin abgeschlossen. Heute arbeite ich sowohl in der Intensivpflege als auch als Praxisanleiterin für Auszubildende und für die Integration unserer türkischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Sie sind Patin für die türkischen Pflegekräfte auf der Station CHH01. Können Sie uns kurz erklären, was genau Ihre Rolle als Patin umfasst und wie der Alltag in dieser Funktion aussieht?
Als Patin begleite ich die türkischen Pflegekräfte von ihrem ersten Arbeitstag bis zur erfolgreichen Kenntnisprüfung. Wir arbeiten als „Tandem“ in allen drei Schichten, wobei ich ihnen unsere Organisationsstrukturen, Materialien und Geräte erkläre. Der theoretische Unterricht erfolgt online und meine Aufgabe ist es, den Praxisbezug sicherzustellen. Durch vorgegebene Praxisaufgaben fördern wir das Lernen im Alltag, was mehr umfasst als bloße Helfertätigkeiten. Vom Umgang mit Medikamenten über Prophylaxen bis zur Wundversorgung leite ich an, frage Wissen ab und unterstütze sie dabei, ihre Kenntnisse zu festigen – stets mit einem Fokus auf respektvolles Miteinander.
Foto: Diana Jungmann. Foto: privat
Wie kamen Sie zu dieser Aufgabe und was motiviert Sie?
Im März 2023 sprach meine Stationsleitung mich an und schlug vor, dass ich die Patenschaft übernehmen könnte. Obwohl mir klar war, dass die Aufgabe herausfordernd sein würde, war ich schnell überzeugt. Die pädagogischen Methoden, die ich im Praxisanleiterkurs gelernt hatte, wollte ich praktisch anwenden. Dazu kamen interessante Einblicke, die unser Integrationscoach über interkulturelle Unterschiede und die Eingliederung in Deutschland gab. Junge, motivierte Menschen in unserem Team willkommen zu heißen, empfinde ich als wertvoll.
Einige der türkischen Pflegekräfte haben kürzlich ihre Kenntnisprüfung erfolgreich abgeschlossen, die für die Anerkennung des Berufsabschlusses notwendig ist. Wie haben Sie diese Zeit begleitet und welche Unterstützung konnten Sie konkret bieten?
Zu Beginn nutzte ich Vokabelkarten, die die Pflegekräfte zuordnen mussten. Lernkarten für Pflegeprozesse halfen ebenfalls, die Arbeitsabläufe auf der Station schneller zu verstehen. Längere Anleitungen habe ich auf das Wesentliche reduziert, um den Lernprozess effizienter zu gestalten. Hilfreich waren Mindmaps zur Erklärung von Krankheitsbildern oder der „Elsevier Pflege Podcast“. Die Medikamentenlehre haben wir durch das Sortieren von Verpackungen erleichtert, um das Wissen handlungsorientiert zu verankern. In der Woche vor der Prüfung konzentrierten wir uns dann auf die intensive Wiederholung und Planung von Pflegehandlungen.
Gab es besondere Momente während des Anerkennungsprozesses, die Sie als besonders schön oder bewegend empfunden haben?
Schön ist es, wenn Patientinnen und Patienten den Pflegekräften mit Respekt und manchmal auch sprachlicher Unterstützung begegnen. Auch das Team wuchs enger zusammen; Kolleginnen und Kollegen gaben mit einem Daumen hoch oder einem Schulterklopfen ermutigendes Feedback. Ein Höhepunkt war dann die Kenntnisprüfung, bei der unsere Pflegekräfte das in sechs Monaten erworbene Wissen erfolgreich zeigen konnten.
Welche Herausforderungen haben Sie und die Pflegekräfte während dieser Anerkennungsphase erlebt? Gab es Momente, die besonders schwierig waren?
Die Sprachbarriere war zunächst die größte Hürde. Hier half es, Körpersprache zu verstehen und Abkürzungen sowie Fachwörter bewusst zu erklären oder zu umschreiben. In den ersten Monaten haben wir Übergaben im Vieraugenprinzip vorbereitet, was das Verständnis verbesserte. Wenn ich nachfragte „Was hast du verstanden?“ statt „Hast du verstanden?“, konnte ich viel besser nachvollziehen, was angekommen war. Auch der Umgang mit Heimweh und kulturellen Anpassungsschwierigkeiten verlangte Empathie, Geduld und Motivation.
Wie überwinden Sie sprachliche und kulturelle Barrieren im Alltag?
Ein respektvoller Umgang und klare Kommunikation sind essenziell. Hygienevorschriften müssen eingehalten werden, aber kulturelle Besonderheiten werden berücksichtigt. Offenheit und Bereitschaft, aufeinander zuzugehen, helfen, Sprachbarrieren zu überwinden – der online Übersetzer ist nur die letzte Option.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der internationalen Pflegekräfte?
Ich wünsche mir, dass die Integration weiter gefördert wird und Magdeburg für viele unserer Pflegekräfte zu einem Zuhause wird. Wünschenswert wäre ein Umstieg auf Präsenzunterricht über unser Ausbildungszentrum, damit der Austausch mit anderen Auszubildenden besser gelingt. Gemeinsame Praxisübungen im Skills Lab könnten den Einstieg ins deutsche Gesundheitssystem erleichtern und eine wertvolle Vorbereitung auf die praktische Prüfung bieten.
Wie fühlen Sie sich persönlich angesichts des Erfolgs Ihrer türkischen Kolleginnen und Kollegen?
Ich bewundere den Mut dieser Kolleginnen und Kollegen, ihr Leben so zu verändern. In so kurzer Zeit zwei Prüfungen zu bestehen, verdient große Anerkennung. Manchmal hatte ich das Gefühl, eine Art Mutterrolle übernommen zu haben – sei es beim Suchen nach Lösungsansätzen oder beim Motivieren in schwierigen Momenten.
Vielen Dank für diesen spannenden Einblick!